Montag, 6. Januar 2014

Marcel Duchamp (1887-1968)





Buch: Grundkurs 2 / S. 166

1.       Flaschentrockner

(1914, Ready-made, Eisen, Höhe 64,2cm,  Replik 1964, Musée National d’Art Moderne, Paris) 

-          Flaschen werden auf einzelne Haken gesteckt, damit keine waagrechte Fläche, und somit keine Kalkränder entstehen und die Flaschen nicht umfallen.
-          Heutzutage gibt es keine Flaschentrockner mehr à Flaschen werden gesammelt und zurückgegeben.
-          Früher wurden Flaschen zuhause gesäubert, getrocknet  und wieder aufgefüllt.

Beschreibung:

-          Der Flaschentrockner erinnert an einen Turm oder an einen Schmuckständer oder (wegen der Haken) vielleicht sogar an ein Foltergerät.
-          Die Form sieht sehr gefährlich/erotisch/skurril/ abstrakt aus.
-          Ohne Haken erinnert der Flaschentrockner an ein Korsett aus dem 19. Jahrhundert (erotisch, weiblich).
--> Weibliche Form + Stacheln (Haken)  --> Fetisch Garderobe ?!
-          Im übertragenen Sinn könnte dies eine eiserne Jungfrau darstellen.

Interpretation:

-          „Ready-made“ oder auch Objét trouvé bedeutet gefundenes Objekt bzw. Fertigprodukt.
-          Duchamp hatte das Objekt nicht selbst gemacht, was er aber auch nicht behauptete. 
-          Die Künstler mussten damals gegen großen Widerstand kämpfen, wenn sie etwas Neues machen wollten.
-          Duchamp signierte einen Flaschentrockner, stellte diesen in einer Galerie auf einem Sockel auf und behauptete: „Das ist ein Kunstwerk“.
-          Die Leute fragten sich damals was das solle und wo da der künstlerische Wert sei.
-          Er hat dieses Objekt aus seinem ursprünglichen Kontext, aus seiner eigentlichen Umgebung (Küche) herausgerissen und es in eine Galerie gestellt, wo es eigentlich nicht hingehört.
-          Hierbei ist nicht der Gegenstand allein das Kunstwerk, sondern die Aktion ist das Kunstwerk.
-->  Die Idee den Kontext zu verändern.
-          Sinn, Ziel und Zweck Duchamps war es, den Leuten die Augen zu öffnen und genauer hinzusehen, was jeder von ihnen Zuhause für tolle und interessante Objekte hat.
-          Der ursprüngliche Macher des Objekts war hierbei Anonym.
-          Marcel Duchamp wollte die Genialität des Handwerks feiern.
-          Das Publikum war jedoch geschockt und lachte ihn aus.
-          Die Kunst war für viele eine Ersatzreligion (heilig!), weswegen Duchamps Aktion als große Provokation interpretiert wurde.
-          Kunst wurde damals zur Geheimwissenschaft, die nur der gebildeten Schicht zugänglich war.
-          Dieses Bildungsbürgertum wurde immer konservativer und wollte niemanden „hoch kommen“ lassen.
-          So haben die Bildungsbürger die Geheimwissenschaft als Hürde benutzt um andere auszuschließen, die keine Möglichkeit auf Bildung hatten (eine Art Schutzschicht).
-          Sie benutzten sogar eine Sprache, die nicht jeder verstand (--> strukturelle Gewalt).
-          Diese elitäre Gesellschaft  versuchte sich das „gemeine“ Volk vom „Hals zu halten“.
-          Diese intellektuelle Herausforderung an etwas teilzuhaben, was nicht jeder hatte war die Idee der Exklusivität.
-          Somit waren sie die einzigen, die Zugang zu dem Werk (Flaschentrockner) hatten.

2.       Springbrunnen

(1917, Ready-made, Urinoir aus Sanitärporzellan, Höhe 62,5cm, Replik 1964, Privatsammlung)

Beschreibung:

-          Mit dem Pissoir verbindet man Urin, Gestank und Ekel. Die Umgebung ist eigentlich Tabu.
-          Mit einem Springbrunnen hingegen verbindet man klares Wasser, Ästhetik und Reinheit.
-          Signatur: R. Mutt, RRR ist lautmalerisches knurren, "mutt" ist amerikanischer Slang für "Straßenköter" (was eine weitere Provokation darstellt).

Interpretation:

-          Dass Marcel Duchamp mit allen Mitteln provozieren wollte ist nun offensichtlich, was war aber der Grund dafür? à 1914 war der Beginn des ersten Weltkriegs!
-          Für viele war der Krieg ein großes Abenteuer, der romantisiert wurde.
-          Was Krieg aber eigentlich bedeutet, geriet in Vergessenheit (seit deutsch-französischem Krieg).
-          Die intellektuelle Bürgerschicht hatte die Hoffnung, dass Europa durch den Krieg gereinigt bzw. erneuert wird.
-          Niemand hat erwartet, dass so viele Menschen sterben und verletzt werden.
-          Die junge Elite Europas hat ihr Leben auf dem Schlachtfeld gelassen.
-          Nur eine kleine Hand voll Menschen hat das wahre Ausmaß erkannt, zu der Marcel Duchamp gehörte. Diese Menschen gingen in politisches Asyl und protestierten gegen den Krieg und diese Haltung, dass der Krieg ein Abenteuer sei und Europa dadurch gereingt wird.
-->  Provokation der Mitkünstler
-          Duchamp protestierte gegen das Bildungsbürgertum und gegen die Künstler,  die den Krieg unterstützen(z.B. die Futuristen in Italien, Expressionisten in Deutschland). Zudem wollte er den Menschen die Augen öffnen.
-          Mit seinen Signaturen provozierte er ebenfalls. Neben „R. Mutt“ signierte er seine Objekte auch mit „Marchand du Sel“, was Salzverkäufer bedeutet.
-          Salz war damals das weiße Gold. Es machte Fleisch länger haltbar und verlieh Geschmack. (--> Würze des Lebens)
-          Im übertragenen Sinn verkaufte er die Würze des Lebens.
-          Er brachte den Gegenstand in einen anderen Zusammenhang (veränderte ihn) und machte somit Kunst.
-          Duchamp sah sich als jemand der die Menschen bereichert und sie dazu anregt, Dinge neu zu sehen. 
-          Duchamps Ebenen spielen miteinander, wobei keine von ihnen weder richtig noch falsch ist.

Hintergrund:

-          Marcel Duchamp war als junger Künstler ein Anhänger des Kubismus und des Malers Picasso.
-          Er hat als traditioneller Maler (futuristisch) angefangen. Nachdem er auf Picasso traf ließ er diese Karriere plötzlich hinter sich und machte mit der Objektkunst weiter. Nachdem er auch damit aufhörte, spielte er für den Rest seines Lebens Schach.
-          Die Künstler fanden damals durch ihre politische Einstellung zueinander. Sie alle waren gegen den Krieg und nannten sich die „Dadaisten“.  Der Dadaismus wurde zum Programm. (Erst: Unsinn, unkünstlerisch, Provokation der gehobenen Schicht: „Eure Kunst ist nichts wert.“)


3.       Fahrrad-Rad


Abschließend wurde in Einzelarbeit eine Beschreibung zu diesem Bild durchgeführt und eine Interpretation gefunden.


-->  Man nennt diese Kunstgattung „Objektkunst“.

Protokoll: L.F. 1KU3 2013

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