Mittwoch, 30. Mai 2018

Installation


Wenn man über Kunstwerke redet, denkt man meist nur an etwas, dass man nur anschauen kann. Jedoch gibt es einige Künstler, die durch eine Installation, den Betrachter teil des Kunstwerkes werden lassen.

144 Steel Plates - Carl André (Minimalismus)
Bei den Kunstwerken von Carl André wird der Betrachter aufgefordert, über seine Kunstwerke zu laufen. Das Kunstwerk besteht meist nur aus in bestimmter Weise angeordneten Platten. Dabei muss der Betrachter womöglich seine Hemmungen überwinden, weil man ja eigentlich keine Kunstwerke anfassen, oder gar darüber laufen darf. Der Betrachter muss aber allerdings über das Kunstwerk laufen, da dies meist fast den ganzen Raum bedeckt.
Was will er damit erreichen?
Der Betrachter soll zum Einen eine aktive Rolle spielen. Er erlebt etwas und muss Entscheidungen treffen. Außerdem ist der Betrachter Teil des Kunstwerkes, und fühlt sich vielleicht sogar geehrt, da er wie über einen „roten Teppich“ geht. Der Betrachter fühlt sich beim darüber laufen vielleicht sogar Teil einer besonderen Kultur.

Floor – Do Ho Suh
Das Ziel des koreanischen Künstlers ist des den Mensch/ Betrachter zum Nachdenken oder mitmachen zu bewegen. Das gelingt ihm durch eine besondere Installation, bei der sehr viele kleine Plastik Figuren eine Glasplatte halten. Zumindest sieht es so aus, als ob alle Figuren zusammen die Platte halten. Als Betrachter erkennt man nur bei genauem hinsehen die Menschen, und dass sie die Platte mit ihren Händen halten.
Do Ho Suh will damit den Menschen zum Nachdenken bringen. Diese Installation könnte eine Metapher für unsere Gesellschaft sein, bei der wir sehr viel auf Kosten anderer Leben. Viele arme Menschen müssen täglich für uns arbeiten, und wir haben oft nicht einmal ein schlechtes Gewissen dabei. Durch das Laufen über die Platte soll also der Betrachter animiert werden nicht immer weg zu schauen, sondern auch mal zu handeln.

Body Check – Wolfgang Flatz
Der österreichische Künstler Flatz verhängte bei seiner Installation den Durchgang einer Galerie mit einigen Reihen von Boxsäcken, und zwar so eng, dass die Besucher die Säcke zur Seite schieben mussten, um in den nächsten Raum zu kommen. Durch den Druck, den andere Menschen, die auch durch den Eingang wollen, werden die Sandsäcke wie in einer Kettenreaktion verschoben, so dass jemand, der sich in der Installation befindet, ohne Vorwarnung zur Seite geschubst werden kann.
Viele Menschen empfinden das als eine Gewalt, die ihnen grundlos und von anonymer Seite aus widerfährt. Dadurch entsteht schnell Aggression. Die Menschen werden verunsichert und reagieren auch unterschiedlich auf diese Gewalt. Junge Menschen könnten das eher als Spaß sehen, wohingegen Ältere sich sehr bedroht fühlen können. Es entstehen die Fragen „Wie reagiere ich auf Gewalt? Wer steckt dahinter?  Widerfährt sie mir absichtlich oder ist sie Zufall? Löst meine Bewegung ebenfalls Gewalt aus? Bin ich Opfer oder Täter?“ 

Flatz hat jedoch nicht nur Rauminstallationen gemacht, sondern auch einige Kunst Performances. Bei einer von diesen geht er komplett nackt und gefesselt durch einen Raum und schlägt an jeder Ecke seinen Kopf gegen eine Metallplatte. Dabei ruft er jedes Mal „schuldig“ und „nicht schuldig“ im Wechsel. Das Ziel dabei ist, den Betrachter in eine unangenehme Rolle zu versetzen und zu sehen, wie es reagiert. Einige versuchen vergeblich ihn davon abzuhalten.  Beim Publikum kommen Fragen auf, wie „Es handelt sich hier doch um Kunst, ist es in Ordnung, dass ich zuschaue wie er sich verletzt?“, „Ist er nicht selber verantwortlich für das, was passiert?“ oder „Worauf spielt "Schuldig - Nicht Schuldig an?“. Mit all diesen Fragen wird man auf der Performance unfreiwillig konfrontiert.

Bei einer anderen Performance von Flatz stürzt er sich eine Treppe hinunter, um wieder zu sehen, wie das Publikum reagiert. Als er am Boden lag, sah man die Hilflosigkeit der Menschen, die auch bei Unfällen ähnlich ist. Viele Menschen stehen nur herum, und helfen ihm nicht. Dabei fühlen sie sich schlecht, was das Ziel der Performance ist.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass Flatz mit seinen Performances und Installationen immer Gewalt thematisiert. Menschen werden in eine unangenehme Rolle versetzt und werden dabei oft verunsichert. Außerdem ist das Ziel von Flatz Menschen dazu zu animieren zu handeln und nicht nur zuzuschauen.


"Taumelnder Mann" (1950) von Alberto Giacometti

Beim Verhältnis der Figur zum Raum, welcher durch die Plinthe definiert wird, fällt auf, dass der Raum überwiegt.
Die Plastik sieht regelrecht wie vom Raum zerfressen aus. Es wirkt so, als ob die Form egal wäre, aufgrund des undefinierten Körperbaus.
Die Figur hat, typisch für Giacometti, lediglich Masse, aber kein Volumen.
Aber warum macht man so eine Figur?
Sie wirkt, mit ihrer taumelnden Haltung, dem außerhalb der Plinthe liegenden Schwerpunkt und ihren überlangen Gliedmaßen, kunstlos, oder anders gesagt, nicht schön.
Mit dieser Art von Figur setzt Giacometti eine Philosophie um, von der er überzeugt ist. Den sogenannten "Existenzialismus" von Jean-Paul Sartre. Dieser besagt, dass der Mensch völlig frei ist und das Leben keinen vorgegebenen Sinn hat. Jeder muss sein eigenes Ziel im Leben definieren, um seinem Leben Sinn zu geben. Die Hilflosigkeit wird durch das Taumeln, dem aus dem Raum herausfallen der Plastik, dargestellt. 
Die wichtigsten Körperteile werden dadurch betont, dass sie ein größeres Volumen haben: 

- Die Brust steht für das Herz.
- Das Becken steht für die Sexualität.
- Die Füße verbinden den Menschen mit der Materie. 
- Die massive Plinthe stellt die Materie dar, die Bedingung für die Existenz.

Sitzender Jüngling (1916/17)
Beim "Sitzende[n] Jüngling" von Wilhelm Lehmbruck umschließt der Körper den Raum. Das Zentrum der Plastik besteht aus Leere. Der Raum drückt auf den gebeugten Rücken der Figur, die sich wiederum nach außen gegen den Raum abschottet. 
Die Figur symbolisiert die tiefe Trauer über den Krieg, vor allem durch die nach unten, in den leeren Raum gerichtete Blickachse dargestellt wird. 

Bei Henri Laurens Plastik "Der Abschied" (1949/41) überwiegt das Volumen, sie wirkt wie aufgeblasen.  Die menschliche Figur ist schwer erkennbar. Das Volumen sinkt und der Kopf is nach unten gerichtet. Die Figur empfindet Trauer, kapselt sich ab und versteckt sich in sich selbst.

Taumelnder Mann:

Sitzender Jüngling:

Der Abschied:
https://www.bildindex.de/document/obj05020430/mi01569a05/?part=0




Freitag, 25. Mai 2018

Der Betrachter als Teil des Kunstwerkes

Die Figurengruppe „Die Bürger von Calais“ ist ein Werk von Auguste Rodin, einem berühmten französischen Bildhauer des späten 19. Jahrhunderts, und stellt eine historische Begebenheit aus dem Mittelalter dar.

Geschichte:

- Calais ist eine französische Hafenstadt, in der das Denkmal errichtet wurde
- Die Stadt wurde während des Hundertjährigen Kriegs von England belagert
- Das Volk war ausgehungert und von der Außenwelt völlig abgeschnitten
- Der englische König stellt eine Bedingung an das Volk: es sollen 6 reiche Bürger aus der Oberschicht gefunden werden, die in Lumpen gekleidet sind, einen Strick um den Hals tragen und ihm Schlüssel der Stadt übergeben dafür sollte die Belagerung aufgehoben weren
- Es ergeben sich 6 Bürger, die ihre Stadt retten wollen
- Sie zahlen einen hohen Preis für die Rettung ihrer Stadt: sie sollen erhängt werden (symbolisch dazu der Strick)
- Zur gleichen Zeit war die englische Königin schwanger und bat ihren Mann Gnade vor Recht zu ziehen, also die Männer nicht zu töten
- Mut und Entschlossenheit, sich für andere zu Opfern, rettete den Männern das Leben, das Schicksal hat sie belohnt


Darstellung des Denkmals:

- Die Stadträte von Calais gaben den Auftrag für ein Heldendenkmal an Auguste Rodin
- Die sechs Bürger sollten stolz und heroisch dargestellt werden, und vor allem durch einen hohen Sockel hervorgehoben werden

-Für Rodin dagegen war das eine tolle Gelegenheit zu zeigen, was ihm wichtig war: Was passiert mit Menschen, die den Tod vor sich haben? Wie reagieren sie? Was geht in ihnen vor?

- Die Personen sind etwas größer dargestellt (Überlebensgroß)
- Statt eines hohen Sockels gibt es nur eine flache Plinthe ->Figuren stehen auf dem Boden
- Die heroische Darstellung fehlt, die Gesichter der Männer zeigen Angst, Verzweiflung, Panik, aber auch stoische Ruhe und Schicksalsergebenheit, da sie in dem Moment dem sicheren Tod entgegen gehen
- Er stellt 6 verschiedene Charakterstudien, Altersstufen und Arten mit dem Tod umzugehen dar
-Trennung von Jung und Alt: die Jungen sind verzweifelt, da ihnen das Leben gestohlen wird, wohingegen die älteren weitaus mehr erlebt haben


Beziehung zum Betrachter:

- Die Figuren sind in einer Art Spirale angeordnet, so dass der Betrachter um die Statue herumlaufen muss, wenn er alles sehen möchte -> Mobilisierung (All-ansichtige Figur, es gibt keine "Schauseite")
- Es entsteht die Möglichkeit sich mit den Personen zu identifizieren-> Wie würde ich selbst reagieren?
- Man kann sich sowohl körperlich als auch geistig hineinversetzen, da die Figuren auf der gleichen Ebene stehen wie der Betrachter
- Modellierung: keine glatte Oberfläche, Tonbrocken, Fingerabdrücke bleiben auch nach dem Bronzeguss sichtbar
- viele konkave Formen, tiefe Faltenwürfe
- Durch die grobe Oberflächenbeschaffenheit spiegelt sich das (Sonnen)Licht unterschiedlich, ein lebendiges Schattenspiel entsteht, was zu einer Illusion von Bewegung führen kann



Minimalismus


Der Künstler Carl André versucht in seinem Werk mit dem minimalsten Eingriff den Raum zu verändern


- Er platziert in den Gang eines Museums quadratische Stahlplatten auf den Marmorboden
- Die Stahlplatten hat er von einem Walzwerk herstellen lassen
- Man frag sich nun: Was war der Künstlerische Akt? Ist das überhaupt ein Kunstwerk?
- Die künstlerische Leistung besteht darin, die Platten nach seinen Vorgaben herstellen zu lassen und in einer bestimmten Anordnung und an einer bestimmten Stelle in den Raum legen zu lassen (Konzept)
- Idee und Umsetzung -> Kunst

- Normalerweise ist es streng verboten, Kunstwerke im Museum anzufassen oder gar darauf herumzulaufen
-Da dieses Werk aber so positioniert ist, dass man kaum daran vorbeikommt, ist die Intention des Künstlers klar -> die Menschen sollen und müssen darüber laufen

- Der Museumsbesucher ist nicht mehr nur Betrachter, sondern wird in die Installation mit einbezogen -> er wird Teil des Kunstwerkes
- Sorgt für ein ungutes Gefühl, weil man glaubt, etwas Verbotenes zu tun (Tabubruch)
- Kann aber auch zu einem Gefühl der Erhabenheit werden, da man Teil von etwas Besonderem geworden ist -> dieses Konzept wird außerhalb der Kunst oft verwendet um Personen besonders hervorzuheben oder vom Alltag abzugrenzen -> Roter Teppich, Catwalk, Prozessionsteppiche




Donnerstag, 24. Mai 2018

Darstellung des Körpers in der Plastik




Bildhauerei ist der Überbegriff für 3-dimensionale Figuren oder Objekte, die durch abtragen von Material (Skulptur), aufbauen, modellieren, gießen oder zusammenfügen (Montage) entstanden sind.
Der Köper des Menschen ist von der Antike bis zur Moderne häufig Gegenstand der Darstellung.

Die Plastik arbeitet mit dem Volumen der Figur einerseits und dem umgebenden Raum andererseits. Der unmittelbar die Plastik umgebende Raum wird oft durch die Plinthe, einer aus dem selben Material bestehenden, flachen Platte, oder einem Sockel definiert. Plinthe oder Sockel sorgen natürlich auch für die Stabilität der Figur.
Ein plastisches Objekt besitzt immer ein Volumen, welches nicht das Gleiche ist wie seine Masse. Man unterscheidet in der Bildhauerei zwischen einem sog. starken und einem schwachen Volumen, wobei man mit beiden unterschiedliche Assoziationen verknüpft. Bei einem starken Volumen spricht man nämlich von konvexen Formen, die nach außen drängen, wie als würde man einatmen.  Automatisch erbindet man damit etwas Jugendliches, Starkes und Schönes, während ein schwaches Volumen, mit seinen konkaven Formen, eher alt und krank wirkt.

Ähnlich wie es in der Malerei der Fall ist, will und soll die Plastik nicht möglichst genau die Realität abbilden (=imitieren) sondern gestalten.

Das unterschiedliches Zusammenspiel von Volumen und Raum ist eine Möglichkeit, in der Bildhauerei Ausdruck und Bedeutung zu schaffen.

Schlafender Satyr : Beispiel für ein Volumen, das den Raum einschließt und umrahmt
Taumelnder Mann: Raumlineatur, kaum vorhandenes Volumen, sehr konkave Formen ägyptischer Würfelhocker: Kernform, in sich geschlossenen, raumabweisende Plastik


Der ägyptische Würfelhocker

Bei dieser Skulptur wirkt der Kopf sehr realistisch, bzw. imitativ, während sich der restliche Körper eher weniger an die Naturvorlage hält. Die Figur sitzt mit eng and den Körper herangezogenen Beinen auf der Plinthe, er wirkt wie ein Würfel, an dessen Seiten sich die Gliedmaßen wie durch ein Tuch leicht abzeichnen. Auch die Hände und Füße sind nicht ganz plastisch ausgearbeitet, sondern nur reliefhaft angedeutet. Die Oberfläche der Plastik ist völlig glatt.
Das Motivs erinnert an das Mumifizieren der alten Ägypter, da es dort ebenfalls zu einer Einwicklung, eng an der Körperoberfläche, kam.

Durch seine sehr konvexen Formen wirkt der Würfelhocker sehr raumabweisend, das Volumen wirkt stark.
Hierbei wäre denkbar, dass frühere Ägypter der Mittelschicht eine solche Figur anfertigen ließen, um diese mit ins Grab zu nehmen, so dass, laut ihrer Religion, eine Chance auf die Verlängerung des Lebens nach dem Tod bestehen bleibt. Dies würde auch die Tatsche des genauen Portraits des Kopfes erklären, welcher als einziges Merkmal den Verstorben darstellen soll. Das Material der Figur ist Granit, was die vorausgegangene These ebenfalls stützt, da Granit sehr robust ist und die Figur somit lange bestehen bleibt.
Auf der Vorder und Rückseite und der Plinthe sind zudem Hieroglyphen eingraviert. 

Alles an der Figur, Material, Volumen und Verhältnis zum Raum soll ihre Beständigkeit und Unzerstörbarkeit unterstreichen.